3. SONNTAG in der Fastenzeit

Evangelium nach Johannes (2,13-25)

Die Tempelaustreibung durch Jesus. Eine merkwürdige Geschichte! Sie müssen sich das vorstellen: Der Tempel in Jerusalem war ein riesengroßer Komplex, mit regem Betrieb. Täglich wurden dort Tiere geopfert, die zuerst an Ort und Stelle gekauft werden mussten, nicht mit dem üblichen römischen Geld, denn das musste zuerst gegen eigene Münzen ausgetauscht werden. Marktatmosphäre, Lärm... All das spielte sich im Vorhof des Tempels ab, einer Anlage mit einer Fläche von etwa 400 mal 400 m. Und da soll ein einzelner Mann, Jesus, all diese Verkäufer, all die Tiere, hunderte Menschen mit einer Peitsche hinausgetrieben haben? Und all die Händler haben sich das gefallen lassen? Darüber hinaus gab es eine Tempelpolizei, und die hat nicht eingegriffen? Und auch die römischen Soldaten waren in der Nähe, mit Aussicht auf den Tempel. Auch sie haben nur zugeschaut? Das klingt alles unglaubwürdig. Was ist da wirklich genau passiert?

Diese Frage ist für den Evangelisten ziemlich uninteressant. Er will nicht einen historischen Bericht über eine Begebenheit aus dem Leben von Jesus schreiben. Er will durch eine Erzählung - die wahrscheinlich wohl irgendeinen historischen Kern hat - über eine Botschaft von Jesus an uns reden. Jesus hat uns, durch sein Verhalten, etwas ganz Bestimmtes zu sagen. Worum geht es Jesus eigentlich?

Wir brauchen Räume und Zeiten, an denen wir zur inneren Ruhe kommen und still werden können. Sie helfen uns, zu uns selbst zu finden und geben Gott so Gelegenheit, zu uns zu sprechen. Für Jesus ist der Tempel so ein Ort der Begegnung mit Gott. Aber dieser ganze Betrieb verhindert das. Jesus ärgert sich darüber. Er wird sogar sehr wütend, als er merkt, dass der Zugang zum Wesentlichen im Leben, der Zugang zu Gott, durch scheinbar viel wichtigere Dinge versperrt wird.

Gilt das auch für uns? Ein Kirchengebäude z.B. soll ein Ort der Gottesbegegnung sein. Deswegen ist eine Atmosphäre der Ruhe und der Stille so wichtig. Aber wie verhalten wir uns oft vor einer Messfeier? Geht es da nicht oft zu wie in einer Markthalle, in der wir uns über alle möglichen scheinbar wichtigen Dinge unterhalten, statt uns auf die Begegnung mit Gott einzustimmen?

Interessant ist eine Bemerkung von Paulus in seinem zweiten Brief an die Korinther, wo er sagt: "Wir sind doch der Tempel des lebendigen Gottes". Gott können wir nicht nur in einem Kirchengebäude, sondern auch in uns selbst begegnen, vorausgesetzt wir schaffen dazu in uns selbst die nötige Ruhe. Aber es gibt heute so viele Möglichkeiten, sich zu zerstreuen, sich ablenken zu lassen und sich durch Dutzende von Beschäftigungen vollstopfen zu lassen. Hier gegenzusteuern ist eine Kunst. Mit der Tempelreinigung macht Jesus aufmerksam, sich das Heilige in uns nicht zuschütten zu lassen.

In der ersten Lesung hörten wir aus den 10 Geboten: Wir sollen den Sonntag, den Tag des Herrn, „heiligen“, d.h. für Gott frei halten, ihm widmen. Der Sonntag soll uns helfen, von der Betriebsamkeit des Alltags loszukommen. Gott und die Grundwerte unseres Lebens sollen nicht aus dem Blickfeld geraten. Wo das religiöse Leben im Alltag abnimmt, ist der vom Glauben geformte Sonntag umso nötiger. So wie die Händler und Geldwechsler es den Tempelbesuchern schwerer machten, sich auf Gott zu konzentrieren, so behindern heute verkaufsoffene Sonntage und Beschäftigungen, die in die Arbeitswoche gehören, dass wir zu uns selbst und zu Gott finden.

Sollen wir nicht - wie Jesus - „aufräumen“, Lebensbereiche in und außerhalb unseres Selbst frei machen für Gott? Ist nicht gerade die Fastenzeit, die Zeit für eine „Aufräumungsaktion“ in unserem Leben? Wo führt mich ein Verhalten von Gott weg? Was verdrängt ihn bei mir in den Hintergrund, lässt mich ihn aus dem Auge verlieren, hindert mich daran auf ihn zuzugehen, meinen Glauben an ihn zu pflegen?

Ist das nicht die Botschaft und die Frage von Jesus an uns, durch seine „Tempelreinigung“?

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